Unser Verein ist in seiner Arbeit recht breit aufgestellt. In dieser Rubrik finden Sie Texte und Dokumente, die wir um die Arbeit herum entstanden oder für uns von besonderem Interesse sind. Viel Spaß beim Schmökern!
Ein etwas gekürztes Labyrinth ist von Tonja Hager mit Kreide im Schulhof aufgemalt worden. Entlang den Wegen des Labyrinths stehen Teelichter in feuerfesten Tüten, auf denen „Israel“ oder „Sarah“ steht. Schüler/-innen der Integrierten Gesamtschule stellen sich im Halbkreis um das Labyrinth auf und sprechen darüber, wie sie heißen und wie wichtig ihnen der eigene Name ist. Anschließend berichtet Andreas Repp über das Gesetz zur Namensänderung zur Zeit des Nationalsozialismus, das bereits vor der Reichspogromnacht Gültigkeit erlangte und als Zwangsname die Ergänzung „Sarah“ oder „Israel“ verfügte. Der körperlichen Verfolgung ging eine seelische voraus, was wiederum die Schüler/-innen mit den Sätzen formulieren: „In meinem Pass stand Sarah, aber ich hieß eigentlich Madeleine“. So begann die Gedenkveranstaltung zur Erinnerung an die Reichspogromnacht, die sich am 9. November zum 85. mal jährte. Zehn jüdische Mitbürger lebten damals noch in Wachenheim. Ihre Namen und Kurzbiografien standen auf Tafeln, welche die Jugendlichen nun entlang des Labyrinth-Weges niederlegten. Symbolisch nahmen diese nun an der Veranstaltung teil. Georg Dumont stellte dann die Verbindung zwischen dem Symbol des Labyrinths und den zwangsweise veränderten Namen her: Das Labyrinth ist ein menschheitliches Symbol, das in allen Kontinenten zu finden ist. Es stellt symbolisch den Weg zu sich selbst dar, den Weg zur eigenen Mitte. Der Name stellt dabei ein Eckpfeiler der unverwechselbaren Person dar, der nicht einfach verändert oder ergänzt werden kann. Die Teilnehmer/-.innen an der Veranstaltung wurden nun aufgefordert, das Labyrinth zu durchlaufen und sich Namen und Kurzbiografien zu vergegenwärtigen, gegen das Vergessen. Das gekonnt dargebotene Gitarrenspiel von Alexander Lützke, der gedämpfte Schein der Kerzen und die konzentrierte Stille der durch das Labyrinth Schreitenden schufen eine intensive Atmosphäre, die dem Gedenken an die Reichspogromnacht in besonderer Weise gerecht wurde. 9. November 2023
Veranstaltung mit Schüler/-innen der IGS
Am 15. Oktober 2023 unternahmen Mitglieder unseres Vereins und des Fördervereins ehemalige Deidesheimer Synagoge eine Fahrt zu jüdischen Stätten im Elsass. Ziele dabei waren: 1 - die Synagoge in Reichshoffen (siehe Foto von Gerhard Rist) Die jüdische Gemeinde in Reichshoffen ist seit den Wirren des Dreißigjährigen Krieges belegt. In Reichshoffen bestand bereits eine ältere Synagoge in der Rue des Juifs (Judengasse), die 1862 durch ein Feuer zerstört wurde. Eine neue Synagoge war bereits 1851/52 errichtet worden, da die jüdische Gemeinde in der Mitte des 19. Jahrhunderts ihren zahlenmäßigen Höchststand mit über 200 Mitgliedern erreicht hatte und deshalb die alte Synagoge zu klein geworden war. Der neue Synagogenbau wurde durch den Architekten Albert Haas im neomaurischen Stil erbaut. Während der deutschen Besatzungszeit im Zweiten Weltkrieg wurde die Synagoge geplündert. Bis in die 1960er Jahre wurden hier Gottesdienste gefeiert. 1967 wurde die Synagoge geschlossen. Heute befindet sie sich in Privatbesitz. 2 - der jüdische Friedhof in Gundershoffen: Der jüdische Friedhof, der Ende des 18. oder Anfang des 19. Jahrhunderts angelegt wurde, wird bis heute von Gundershoffen und der Nachbargemeinde Reichshoffen genutzt. 3 - das jüdisch-elsässische Museum in Bouxwiller: Das in der ehemaligen Synagoge äußerst originell eingerichtete jüdisch-elsässische Museum ist einzigartig. Der Überblick der Geschichte des elsässischen Judentums wird durch einen pädagogischen Rundgang auf mehreren Bühnen dargestellt. Die Kultur der elsässischen Juden im Zusammenleben mit ihren christlichen Nachbarn wird anhand von Gegenständen, Modellen, Videos in elf Räumen mit ihrem jeweiligen Ambiente inszeniert. Zum Judentum in Elsass: Es ist die größte jüdische Gemeinde Europas und die drittgrößte der Welt: In Frankreich leben mehr als eine halbe Million Juden, und besonders stark sind sie im Elsass verwurzelt. Die Juden hier sind unterschiedlicher Herkunft und das bedingt unterschiedliche religiöse Traditionen. In Straßburg pulsiert das jüdische Leben wie an kaum einem anderen Ort in Europa.
Gemeinsame Exkursion
Auf Einladung von Frau Elisabeth Hilbert, 1. Vorsitzende von Jüdisches Leben Kraichgau e.V. besuchten einige Mitglieder des Freundeskreises zusammen mit Mitgliedern der Wachenheimer Fördervereins „Gegen das Vergessen“ am Sonntag, 07. Mai 2023 den Jüdischen Verbandsfriedhof und die Alte Synagoge/Mikwe in Eppingen und die Alte Synagoge in Steinsfurt. Der Jüdische Verbandsfriedhof Eppingen wurde 1818/1819 angelegt. Der 4.100 m2 große Friedhof wurde zweimal erweitert. Insgesamt wurden 667 jüdische Personen beerdigt. Die letzte Beerdigung fand im März 1940 statt. Der Eppinger jüdische Friedhof ist außerordentlich reich an Grabsteinsymbolen, die Besonderheiten der hier Bestatteten darstellen. Die Mikwe in Eppingen ist ein jüdisches Ritualbad, das aus der nahen Elsenz gespeist und im Volksmund ‚Jordanbad‘ genannt wird. Eine Treppe führt hinunter zu dem über vier Meter unter dem Eingangsniveau liegenden Tauchbecken, dessen Wasserstand mit dem Grundwasserspiegel schwankt. Das Gebäude wurde in der Reichspogromnacht verschont, da es zu diesem Zeitpunkt bereits profanisiert war. 1976 wurde dann das Ritualbad wiederentdeckt und als Baudenkmal zugänglich gemacht. 1890 beschloss die jüdische Gemeinde Steinsfurt den Bau einer Synagoge. 1893/94 errichtete man nach den Plänen des Architekten Wilhelm Dick (1873–1904) aus Hoffenheim das Bauwerk. Das Gebäude ist ein eingeschossiger Backsteinbau, mit einer rechteckigen Erweiterung für die Thora-Nische an der Ostwand. Im Oktober 1938 verkaufte die Synagogengemeinde die Synagoge an eine Familie in der Nachbarschaft. Die neuen Besitzer konnten während der Novemberpogrome 1938 verhindern, dass es beschädigt oder gar zerstört wurde. Im Jahr 1992 gründete sich der Verein Alte Synagoge Steinsfurt e.V., der den Erhalt des Bauwerks anstrebt. Das Innere zeigt noch weithin originale Farbfassungen; die Thora-Nische ist mit einem roten Vorhang ausgemalt. Ansonsten sind die Wände blau getüncht und Rankenfriese gliedern die Decke. Geführt hat uns Dr. Christhard Flothow, der dem Verein "Alte Synagoge e.V." angehört. (Text: Thomas Popp; Foto: Tonja Hager) Juni 2023
alte Synagoge Steinsfurt